10.09.-12.09. Frankreich, Mont Saint-Michel

Mont Saint-Michel, Burgberg, Meer

Am nächsten Tag fahren wir zum Mont Saint-Michel, wo wir uns mit Reisefreunden verabredet haben. Normalerweise machen wir nur eine sehr grobe Planung für unsere Reiseziele. Alles andere ergibt sich unterwegs. Das verschafft uns mehr Unabhängigkeit und die schätzen wir sehr. Beim Mont Saint-Michel sieht das anders aus und das kommt daher, das ich vor Reisebeginn gelesen habe, dass der Burgberg nur bei sogenannten Springfluten komplett vom Meer umschlossen wird. Zu dieser Konstellation kommt es nur sehr selten – in diesem Jahr nur 4 mal - und der Zufall will, das der Termin um den 10.09. sich für uns gut einplanen lässt.

Da der Mont Saint-Michel eines der meistbesuchten Reiseziele Frankreichs ist und wir uns noch mit 2 weiteren Fahrzeugen treffen wollen, ist es nicht nur notwendig einen Campingplatz aufzusuchen sondern diesen auch im Vorfeld zu buchen. Wir entscheiden uns für den Camping du Mont Saint-Michel, der dem Burgberg am nächsten liegt. So oft wie wir in den nächsten Tagen zum Mont Saint-Michel gehen war das auch eine sehr gute Entscheidung. Bei der Buchung sollte man berücksichtigen, das der CP in einer geschlossenen Anlage liegt, die nicht direkt zum CP gehört. Diese kann nur über eine Schranke erreicht werden und der Aufenthalt muss getrennt zum CP-Preis bezahlt werden (9 € pro Aufenthaltstag). Den Code für die Schranke hat uns der CP einen Tag vor Ankunft per Mail zugeschickt.

Der Mont-Saint-Michel und seine Bucht gehören seit 1979 zum „UNESCO Kulturerbe der Menschheit“. Der Fluss Couesnon bildet die natürliche Grenze zwischen Normandie und Bretagne und da dieser knapp westlich am Klosterberg vorbeifließt, liegt der Mont-Saint-Michel in der Normandie obwohl sich der größte Teil der Bucht in der Bretagne befindet. Das war nicht immer so, da der Fluss in früheren Zeiten mehrfach seinen Lauf geändert hat.

Mont Saint- Michel, Schafe

Die Gezeiten am Mont Saint-Michel

In der Bucht des Mont Saint-Michel herrschen mit einer Amplitude von 14 Metern die stärksten Gezeiten Europas. Bei Ebbe zieht sich das Meer bis zu 15 Kilometer von der Küste zurück und ist kaum noch sichtbar. Bei einem Gezeitenkoeffizient von über 110 wird der Berg durch den besonders hohen Flutstand wieder zur Insel und ist dann kurzfristig nicht zu betreten.

 

Ca. 2 Stunden vor Tide-Höchststand mache ich mich am Abend auf den Weg in die südlich gelegenen Marschwiesen. Die Wiesen sind von tiefen Prielen durchzogen, die man von weitem kaum sehen kann und die sich bei Flut schnell füllen werden und dann zu einem schwer zu überwindenden Hindernis mutieren. Also passe ich gut auf und präge mir einen Weg ein, auf dem ich auch trockenen Fußes wieder zurück kommen kann.

 

Auf dem zum Klosterberg führenden Steg drängen sich Menschenmassen aber hier in den Wiesen an der Abbruchkante zum Wattbereich ist kaum etwas los. Außer mir haben sich nur einige andere Fotografen hierhin begeben und das Warten auf die Flut hat etwas Meditatives.

Mont Saint-Michel bei Springflut

Hier sagt man, dass die Flut in der Bucht mit der Geschwindigkeit eines galoppierenden Pferdes eintrifft. Was das bedeutet verstehe ich, als ich nach einiger Zeit ein Geräusch wie von mehreren sich zügig nähernden Motorbooten höre. Eine kleine Landzunge nimmt mir den Blick auf das Geschehen, aber unmittelbar darauf kann ich meine „Motorboote“ sehen. Sie stellen sich als die mit ungefähr einem Meter Höhe schnell herein laufende Flutwelle heraus. Ein sehr beeindruckendes Erlebnis! Kurz nachdem die erste Welle durch ist bilden sich starke Stromschnellen auf dem gerade noch freiliegenden Meeresboden. Ein verspäteter Wattwanderer hätte da wirklich keine Chance.

 

Von meinem ca. 2 Meter über dem Wattbereich liegenden Wiesenplatz beobachte ich wie der Mont-Saint-Michel immer vollständiger vom Meer eingeschlossen wird. Als nach einiger Zeit der Wasserstand anfängt die vorderen Bereiche der Wiese zu überfluten mache ich mich auf den Rückweg und bin froh darüber, dass ich diesen so sorgfältig ausgekundschaftet habe.

Mont Saint-Michel: Historie

Der Bau des Klosters Mont Saint-Michel begann im Jahr 708 n. Chr. und wurde über 1300 Jahre hinweg von mehreren Generationen von Arbeitern weitergeführt. In den Auseinandersetzungen des Hundertjährigen Krieges (1337-1453) wurde das Kloster um starke Befestigungsanlagen erweitert. Diese, aber auch die hohen Flutwellen und der schwierige Untergrund machten den Engländern die Eroberung unmöglich. So hielt die Abtei 30 Jahre lang den Belagerungen statt und aufgrund seiner exponierten Lage konnte der Burgberg im Gegensatz zu Teilen des französischen Festlandes nie eingenommen werden.

Mont Saint-Michel, Abtei

Während der französischen Revolution wurde das Kloster zum Gefängnis umfunktioniert.  Da sich aber viele Prominente für den Erhalt des Mont Saint-Michel einsetzten, beendete man den Gefängnisbetrieb im Jahr 1863.

In den 1870er-Jahren wurden das Kloster, die Befestigungsanlagen und der mittelalterliche Ort im Auftrag Kaiser Napoleon III. umfassend restauriert.

Mont Saint-Michel

Ab dem 10. Jahrhundert kamen auch wieder viele Pilger zur Abtei.

Ohne die Brücke, die das Festland mit der Insel verband, war das aufgrund der Gezeitenunter-schiede und der in der Bucht vorhandenen Treibsandablagerungen durchaus ein riskantes Abenteuer.

Der Bau des Dammes, der den Burgberg mit dem Festland verbindet, leitete 1879 das Zeitalter des Tourismus ein. Aber das Ganze hatte auch einen gewaltigen Nachteil. Der von den Gezeiten angespülte Sand führte zunehmend zur Verlandung der Bucht. Der Mont Saint-Michel verlor seinen Inselcharakter. Anfang 2006 wurde mit einem aufwendigen Bauprojekt der Fluss Couesnon durch einen Gezeitendamm gestaut. Der massive Damm zum Berg wurde abgerissen und durch eine Stelzenbrücke ersetzt. Seit Fertigstellung im Jahr 2014 konnten die Gezeiten wieder frei wirken, die Sandmassen abtransportieren und der Mont-Saint-Michel behielt seinen maritimen Charakter.

Mont Saint-Michel bei Flut

Mont Saint-Michel: Besuch auf dem Klosterberg

Schon von weitem betrachtet ist der Mont Saint-Michel sehr beeindruckend. Je mehr man sich ihm aber auf dem Brückenweg nähert umso mehr verbreitet sich ein Gefühl wie aus „Herr der Ringe“. Das ist auch kein Wunder, ist er doch die Inspiration für Minas Tirith, die Hauptstadt von Gondor in der „Herr der Ringe“ Verfilmung.

Abtei Mont Saint-Michel

Bei unser ersten Erkundung legen wir den rd. 2 km langen Weg vom Mündungswehr des Flusses Couesnon bis zum Burgberg zu Fuß zurück um die einzigartige Atmosphäre wirken zu lassen. Bei späteren Besuchen nutzen wir unsere Fahrräder.

 

Im Inneren der Burgmauern angekommen, folgen wir der Grand Rue die sich bergaufwärts Richtung Abtei schlängelt. Für unseren Geschmack dominieren hier die allseits bekannten Touristenshops eindeutig zu sehr und wir lenken lieber unsere Blicke auf die höher gelegenen, mittelalterlichen Fassaden.

Mont Saint-Michel Abteikirche

Bis zum Eingang in die Abtei kann der Mont-Saint-Michel kostenfrei besucht werden. Die teils dramatisch ineinander geschachtelten Gebäude der Abtei sind jedoch eintrittspflichtig.

 

Ich bin froh, dass ich mir für den Besuch den frühen Morgen ausgesucht habe und nur sehr wenige andere Besucher unterwegs sind.

 

Die Architektur der in rd. 1300 Jahren entstandenen sakralen Gebäude ist faszinierend. Hierbei handelte es sich um eines der umfangreichsten, schwierigsten und kostspieligsten Bauprojekte des gesamten Mittelalters.

Aufgrund der langen Bauzeit, des schwierigen Geländes, der bei Umbauten zu berücksichtigenden Vorgängerbauten und der durch Bauschäden verschiedentlich erforderlichen Planänderungen entstand ein extrem verschachtelter Gebäudekomplex.

Alleine die nie versiegenden Geldmittel aus Schenkungen, Pilgergaben und Stiftungen ermöglichten die konstante Fortführung des gewaltigen Bauvorhabens.

 

Über die Eindrücke in diesem Bereich des Mont-Saint-Michel lasse ich mich mal nicht schriftlich aus sondern setze auf die Wirkung der Bilder. Als ich ein paar Stunden später wieder Richtung Grand Rue gehe, kommt mir ein dermaßen gewaltiger Besucherstrom entgegen, dass ich spontan auf die Festungsmauern flüchte und über diese dem Ausgang zustrebe.

Bildergalerie Besuch auf dem Mont Saint-Michel

Mont Saint-Michel im Hochformat

Am nächsten Morgen - es ist kurz vor Tiedenhöchststand – mache ich mich wieder auf den Weg. Diesmal habe ich mir einen neuen Standort ausgesucht, der auf der rechten Seite der Stelzenbrücke direkt am Rand der Marschwiesen liegt. Diesmal bekomme ich auch nasse Füße, da ein Überschwemmungsbereich im Weg liegt. Die frühmorgendliche Stimmung am Mont-Saint-Michel und die daraus resultierenden Bilder sind es aber wert.

Mont Saint-Michel, Meer

Auf dem Rückweg sehe ich am Gezeitendamm des Couesnon eine große Vogelansammlung. Der Grund ist schnell geklärt. In dem flachen Bereich hinter dem Wehr bietet sich für Möwen und Reiher ein leicht zu erreichendes Festmahl.

Wattwanderung – oder einmal rund um den Mont-Saint-Michel

Mont Saint-Michel, Ebbe, Spiegelung im Wasser

Da die Gezeiten Gefahren bergen, sollte man längere Wattwanderungen keinesfalls ohne sachkundigen Führer machen.

Ein Spaziergang, der in ein paar hundert Metern Entfernung rund um den Mont-Saint-Michel führt ist allerdings unproblematisch sofern man vorher einen Blick in die Gezeitentabelle wirft.

 

Im Schlick sinkt man kaum ein aber an einigen Stellen hat er die Eigenschaften eines extremen Schwingbodens. Wenn man wippt, schwingt er um ca. 20 cm auf und nieder ohne, dass der Sand nachgibt und man einsinkt. Sehr interessant!

Mont Saint-Michel, Segelboot, Ebbe

Zu unserem Erstaunen steht direkt vor dem Klosterberg ein kleines Segelboot im Watt. Ob das ein geplanter Aufenthalt ist, oder ob die Ebbe die Bootsbesatzung überrascht hat entzieht sich unserer Kenntnis.

 

Wir wandern weiter um den Berg herum und sehen kleine Muscheln, die fest geschlossen auf die Flut warten. Einige Wattvögel suchen nach Nahrung und kleine Erdhäufchen machen auf die darunter im Schlick vergrabenen Wattwürmer aufmerksam.

 

Auf jeden Fall macht uns unsere kleine Wattwanderung viel Spaß und beschert mir neue Perspektiven des fotogenen Klosterberges. Anschließen machen wir noch einen kurzen Spaziergang über die Burgmauern und schauen uns das Ganze noch einmal von oben an.

Impressionen rund um den Mont Saint-Michel